Wer putzt deinen Hörsaal? – Beitrag zum internationalen Tag der Gebäudereinigung

Heute ist der Internationale Tag der Gebäudereinigung. Seit 35 Jahren demonstrieren an diesem Tag international Beschäftigte im Reinigungssektor für bessere Arbeitsbedingungen. Sie erinnern dabei an einen dreiwöchigen Streik von Reinigungskräften in Los Angeles 1990, bei dem die Streikenden brutale Polizeigewalt erfuhren, und trotzdem Verbesserung der Arbeitsbedingungen erkämpfen konnten.

Wir erinnern heute an diesen Tag, weil das Thema nach wie vor aktuell ist. Die Arbeitsbedingungen im Reinigungssektor sind meist von kurzen, befristeten Verträgen, unbezahlten Überstunden und harter, körperlicher Arbeit geprägt. Gereinigt wird dabei überall. Oft passiert dies unsichtbar, ohne dass wir es mitbekommen. In den frühen Morgenstunden, spät abends oder nachts. Es wird in Bürogebäuden, Fabriken oder Privathaushalten gereinigt. Aber eben auch in öffentlichen Gebäuden, wie Schwimmbädern, Rathäusern, Schulen – und zum Beispiel auch an der Universität Kassel.

Reinigungsarbeiten gehören genau wie die Aufgaben der Kindererziehung, Pflege oder sozialen Arbeit zur Care-Arbeit. An ihnen zeigt sich besonders deutlich, dass Care-Arbeit gesellschaftlich abgewertet wird. Sie wird unsichtbar gemacht, kaum gewertschätzt, schlecht bezahlt und muss unter prekären Arbeitsbedingungen geleistet werden. Gerade in der Reinigung arbeiten hauptsächlich Frauen, darunter oftmals migrantisierte und arme Personen. Durch ihre prekäre soziale Situation sind sie oft besonders auf ihre Jobs angewiesen. An ihrer Anstellung hängt ihre soziale Sicherheit und nicht selten auch ihr Aufenthaltstitel. Die Marginalisierung der Reinigungsarbeit wirkt sich direkt auf die Marginalisierung der Reinigungskräfte aus. Patriarchale Verhältnisse gehen mit rassistischen und klassistischen Verhältnissen einher.

Selbst in der feministischen Beschäftigung mit Care-Arbeit fallen Reinigungskräfte oftmals hinten runter und werden im Diskurs ausgeklammert. In der Auseinandersetzung um Care-Arbeit identifizieren wir (oftmals unbewusst) verschiedene Formen von Care-Arbeit, die unterschiedlich gewertet werden. Kindererziehung und die Pflege von älteren Personen erscheint uns als besonders wertvoll und manche Tätigkeiten davon finden wir sogar schön, so was wie Vorlesen, Zeit mit Menschen verbringen, ihnen zuhören. Doch der Teil von Care-Arbeit, bei dem es darum geht, den Dreck von anderen wegzumachen, erscheint besonders unangenehm und wird deshalb weniger thematisiert.

Das hängt natürlich auch mit strukturellen Fragen zusammen: Reinigungskräfte sind wenig gewerkschaftlich organisiert und stark abhängig von ihren Arbeitgeber*innen, wie das Beispiel der Uni Kassel zeigt. Sie haben kaum eine Lobby und werden durch ihre marginalisierte Position auch in sozialen Bewegungen nicht mit gedacht. Wir brauchen einen Feminismus, der rassifizierte und arme Personen mitdenkt und in der Unterstützung von Arbeitskämpfen auch marginalisierte und besonders prekär Beschäftigte beachtet.

Wir möchten heute am Tag der Gebäudereinigung auf die Situation von Reinigungskräften an der Uni Kassel aufmerksam machen, die beispielhaft für die Situation von Reinigungskräften allgemein, aber vor allem im öffentlichen Sektor steht.

Jeden Tag lauft ihr als Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und Professor*innen durch eine saubere Uni mit sauberen Toiletten, frisch geputzten Böden und abgewischten Arbeitstischen. Doch habt ihr euch schon einmal Gedanken darüber gemacht, wer diese Orte und Dinge putzt und unter welchen Bedingungen?

Wahrscheinlich geht ihr davon aus, dass die Personen, die putzen, einigermaßen gut bezahlt werden und eine sichere Perspektive haben. Schließlich ist die Uni ja eine öffentliche Einrichtung. Doch das Gegenteil ist der Fall. Wie in vielen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes hat auch die Universität Kassel die Reinigung ausgegliedert. Die Reinigungskräfte sind also nicht an der Uni selbst beschäftigt, sondern bei einer Fremdfirma angestellt. Das bedeutet, sie sind nicht Teil der Uni-Beschäftigen und sind auch nicht Teil des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes (TvöD), der viele Absicherungen und Vorteile bereithalten würde.

Für die Reinigungskräfte hat das aber verheerende Folgen.
Die Uni schreibt die Gebäudereinigung alle paar Jahre neu aus. Alle 3 – 4 Jahre muss neu geschaut werden, welche Firma den Zuschlag erhält, und wer den Job in der Reinigung der Uni behalten kann. Die Firmen wechseln manchmal, die Personen bleiben jedoch oft gleich. Teilweise putzen Personen die Universität seit Jahrzehnten, haben dabei aber trotzdem keine Sicherheit. Die Firmen stellen den Reinigungskräften nur befristete Verträge von 6 bis 18 Monaten aus. Das bedeutet, dass die Reinigungskräfte sich teilweise alle 6 Monate bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden müssen, weil sie in der Ungewissheit leben, dass ihre Verträge nicht verlängert werden könnten. Das bedeutet auch, dass sie kaum die Chance haben, sich gegen ihre Arbeitsbedingungen zu wehren, weil sie sonst ihren Job verlieren könnten.

Auch die Bezahlung ist schlecht. Es gibt zwar einen Branchenmindestlohn für die Gebäudereinigung. In der Praxis wird er jedoch oft nicht in voller Höhe ausgezahlt, sondern durch unbezahlte Überstunden oder durch eine Erhöhung des Arbeitspensums gedrückt. Wären die Reinigungskräfte direkt an der Uni angestellt und Teil des TVöD, wären diese unsicheren und unmenschlichen Arbeitsverhältnisse so nicht möglich. Die Reinigungskräfte hätten langfristigere Arbeitsverträge, Kündigungsschutz, könnten sich krankmelden und für ihre Rechte einstehen.

Seit ein paar Monaten gibt es einen internen Arbeitskreis an der Uni Kassel, der auf diese schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam machen möchte. Wir möchten die von ihm erarbeiteten Informationen teilen und schließen uns seinen Forderungen an:

Wir fordern die Wiedereingliederung von den Reinigungskräften in die Universität und ihre Aufnahmen in den TVöD! Wir fordern die Wertschätzung und Anerkennung von Reinigungskräften bei uns an der Uni, und an allen anderen Orten, an denen gereinigt wird.

Der Arbeitskreis organisiert zu dem Thema zwei Veranstaltungen in den nächsten Wochen, zu denen wir euch herzlich einladen wollen:

Dienstag, 24. Juni 2025, 18 Uhr
Podiumsdiskussion: Saubere Sache?
Arbeitsbedingungen von Reinigungskräften
an der Universität Kassel
Ort: Gottschalkstr. 28a, Kassel, ZUB Raum

Mittwoch, 2. Juli 2025
Postkartenübergabe an die Universitätsleitung
Gerade läuft eine Postkartenaktion des Arbeitskreises, bei der Beschäftigte der Uni Kassel durch eine Postkarte ihre Solidarität mit den Reinigungskräften ausdrücken können. Diese sollen am 02. Juli übergeben werden.